Es ist das Duell der Herzensbrecher. Mehmet "Scholli" Scholl gegen Mr Oben-Ohne himself, Mario Gomez. Der Scholli war der erste Feldspieler, dessen Nummer meinen Rücken zierte. Sein schelmisches Grinsen und diese Lausbuben-Zähne haben mich stets in Wallung versetzt. Egal, was aus diesem Mund kam, ich wollte ihm uneingeschränkt recht geben. Das ging solange gut, wie Mehmet Scholl als aktiver Spieler tätig war und seine Aussagen zwar lustig, aber nicht von fußballerischer Brisanz waren.
Mein Lieblingszitat bis heute: "Eng." (Auf die Frage wie es war, als Bundeskanzler Helmut Kohl die Europameister von 1996 in der Kabine aufsuchte.)
Doch nun ist aus Scholli Herr Scholl geworden. Er ist jetzt ARD-Experte und das macht ihn zu meinem natürlichen Feind. Über Experten hat man sich als Fan aufzuregen, weil sie selten das sagen, was man selbst denkt. Oder wenn man als Fan dasselbe gedacht hat, dann denkt man lieber mal ganz hurtig um.
Zu Mario Gomez hatte ich bisher kaum etwas, das man eine differenzierte Meinung nennen könnte. Ich begeisterte mich für seine Fähigkeit mit sämtlichen Teilen seines Körpers Tore erzielen zu können, machte mich über seine Frisur lustig und bewunderte sie doch insgeheim und war, wie es sich für ein Mädchen gehört, nicht unbeeindruckt von seinem Oberkörper. Vor allem, wenn ihm die Hose fast schon zu weit unten hängt. Was für eine Beckenpartie! Achja und ich halte ihn tatsächlich für den besten deutschen Stürmer derzeit. Punkt.
Es verblüfft mich, dass es der arme Kerl, wenn es um die Nationalmannschaft geht, scheinbar niemandem Recht machen kann. 2008 noch als "Gurken-Gomez" verspottet, schießt er nun endlich sein erstes Tor bei einem großen Turnier, köpft Deutschland zum Sieg gegen Portugal und wird dennoch kritisiert. Also ich wäre ja sowas von stinkbeleidigt, wenn ich der Gomez wäre. "Macht doch eure Scheiß-Tore allein", würde ich rufen und meine Fußballschuhe nach allem werfen, was sie bewegt. Ich würde mir eine Dartscheibe kaufen und Scholls Bild darauf kleben und dann immer ordentlich drauf zielen. Aber ich bin nicht Gomez. Der wirkliche Gomez bleibt cool und sagt "Ich wüsste nicht, warum ich mich ändern sollte". Recht hat er.
Dieses Mal brauchen wir einen Mario Gomez, der zwar manchmal so wirken mag, als würde er sich "wundliegen" (So ein Schmarrn, Scholl. Also wirklich.) bzw. der manchmal nicht zu hundert Prozent ins Spiel eingebunden ist, aber dennoch, wenn es darauf ankommt, das Tor macht und damit mir und allen anderen Fans den Tag rettet. Sollte die Zeit des Hurra-Fußballs der deutschen Nationalmannschaft tatsächlich vorbei sein, es könnte die Zeit des Mario Gomez anbrechen.