Ich habe das Buch noch nicht gelesen. Ich würde gerne, aber mein Staatsexamen hält mich davon ab. Wie jeder andere muss ich mich also auf die paar Fetzen beziehen, die in einschlägigen Tageszeitungen abgedruckt wurden. Natürlich klingt Lahm minimal wie ein Besserwisser: "Ich hab gleich gewusst, dass das mit Klinsmann nichts werden kann.", "Ich hab schon immer gesagt, dass die Philosophie von van Gaal Fehler aufweist". Aber dass man sich darüber so aufregen muss, wie das Rudi Völler getan hat, das kann ich nicht ganz nachvollziehen. Zumal er, meiner Meinung nach, die heftigeren Keulen auffährt, als Philipp Lahm selbst. Ich gehe davon aus, dass Herr Völler das Buch auch noch nicht gelesen hat und sich somit auf ebendiese Ausschnitte stützt, die abgedruckt wurden. Aufgrund von aus dem Zusammenhang gerissener Aussagen jemandem zu unterstellen, er habe "null Charakter", zeugt zumindest nicht gerade von überbordenden Fingerspitzengefühl.
Für viele dürften die "Enthüllungen" sowieso nicht besonders überraschend kommen. Dass Jürgen Klinsmann ohne Jogi Löw an der Taktiktafel leicht überfordert gewesen sein dürfte, weiß man spätestens seit dem Film "Das Sommermärchen". Dass Lois van Gaal ab und an ein wenig dickschädelig sein kann, wenn es um seine Philosophie geht, haut wahrscheinlich auch niemanden mehr vom Hocker und von der WM 2002 unter Völler sind allenfalls die Paraden des Oliver Kahn und das schier unglaubliche Gegner-Glück der Deutschen, nicht jedoch das besonders systematische Training, im Kopf geblieben.
Lahms Problem ist es höchstwahrscheinlich ohnehin, dass er sich äußerlich seit gut 10 Jahren nicht mehr verändert hat und so wohl auch in Rudi Völlers Kopf nicht gealtert sein dürfte. Die Herren wollen sich wohl einfach nicht von so einem Jungspund Tipps zur Trainingsoptimierung geben lassen.
Das wird's wohl sein.