Donnerstag, 28. Juli 2011

Pre-Season Langeweile beim Audi Cup - Fußball durchs Gitternetz

In München befindet man sich als Fußballliebhaber(in) in einer gewissen Bredouille. Wenn man nämlich nicht gerade dem Club anhängt, der beständig am Abgrund entlang wandelt - sei es fußballerisch oder wirtschaftlich -, sondern womöglich vom eigenen Vater hin zur Liebe für die Münchner "Erfolgsmannschaft" geführt wurde, und man aber nicht seit Kindesbeinen an Mitglied bei besagtem Verein ist, dann kriegt man im Normalfall für ein stinknormales Bundesligaspiel keine Karte. Und weil man für ein stinknormales Bundesligaspiel keine Karte kriegt, hat man zwei Möglichkeiten: Nummer 1, man konvertiert von rot zu blau, aber was wäre man für ein Fan, wenn man das täte? Nummer zwei, man gibt sich mit DFB-Pokal- und Champions-League-Vorrunden-Spielen (oder Europa League? nur nicht den Teufel an die Wand malen...) zufrieden. Oder aber man wohnt prä-saisonalen Vorbereitungs-Turnierchen wie dem Audi-Cup bei.

Um sicherzustellen, dass ich, bevor der Prüfungsstress mich endgültig unansprechbar macht (meine Abschlussklausuren stehen im September an), zumindest einmal in dieser Hinrunde die "neue" Mannschaft des FC Bayern zu Gesicht bekomme, wählte ich letztere Option und kaufte eine Karte zum Halbfinale des Audi-Cup und ich bereue es nun, da er vorbei ist so halb. On the plus side, ich war endlich mal wieder in der Allianz-Arena, habe eine Bratwurst gegessen, Bier getrunken und sehr liebe Menschen wiedergetroffen, die ich schon lange nicht mehr gesehen habe. Habe außerdem so wohlklingende Namen wie Xavi, Iniesta, Ibrahimovic, Nesta, Gattuso, van Bommel, Neuer, Boateng etc. etc. und die zu den Namen gehörigen Fußballer live gesehen. Eigentlich lag die Problematik hauptsächlich darin, dass irgendwie niemand so brutal Lust hatte Fußball zu spielen. Natürlich können Fußballer, wie die des FC Barcelona, nie ganz verheimlichen, dass sie das Spiel beherrschen. Ballannahme und Kurzpassspiel der Katalanen waren wie immer sehenswert. Aber da wäre schon noch mehr gegangen. 

Die Offenbarung des Audi-Cups ist jedenfalls, dass die Abwehr des FC Bayern immer noch nicht so ganz 100 % sicher steht - euphemistisch ausgedrückt. Ibrahimovic schon in der 4. Minute ganz allein vor dem Bayern-Tor? Wir schieben es einfach auf die allgemeine Unlust, die an diesem Tag durch die Allianz Arena schwebte. 

Nachdem das Geschehen auf dem Rasen nicht derart fesselnd war, dass man an nicht anderes mehr denken konnte, habe ich mich ein wenig auf das Fotografieren eben jenes Geschehens verlagert. Da wir in der Südkurve ganz unten saßen, sahen wir beide Spiele durch das Raster des Gitternetzes, das vor eventuellen Ballunfällen schützen soll. Deshalb werden auch die Bilder diesem Gitternetz bestimmt - Fußball durchs Gitternetz also.

Schweigeminute für die Opfer des Attentats in Oslo


Aussichtsreiche Freistoßposition und....


....Goooool de Barcelona

...und man dachte, das wäre schon gelaufen...

Elfmeterschießen FC Barcelona - SC Internacional de Porto Alegre

Panorama View

"Born to be a harte Sau" - Ohne Worte

Aufstellung des FC Bayern
Ach ja, Barcelona hat das Turnier gewonnen. Ich bin vor dem Fernseher eingeschlafen. Und das sagt schon einiges.

Montag, 25. Juli 2011

You'll never walk alone

In Norwegen richtet ein Mann 76 Menschen hin. Und das, um möglichst große Öffentlichkeit für ein Manifest zu bekommen, dass sich wohl zu gleichen Teilen aus Menschenverachtung und rechtem, verblendetem Gedankengut zusammensetzt. In London stirbt eine der begabtesten Musikerinnen unserer Zeit an sich selbst. Die Loveparade-Katastrophe jährt sich zum ersten Mal. 21 Menschen, die ihr Leben aufgrund individueller Fehler und Fehleinschätzungen gelassen haben. Es läuft vieles falsch in der Welt und dieses Wochenende hat uns wieder einiges vor Augen geführt. Ich fühle mich schlecht, dass ich trotzdem wissen möchte, wer in der zweiten Bundesliga gegen wen gewonnen hat und ob Uruguay Paraguay im Copa America besiegt hat. Ich fühle mich schlecht, dass ich morgen zum Audi-Cup gehe. Ich fühle mich schlecht, dass mir dieses triviale Spiel so viel bedeutet, dass es mich für Momente vergessen lässt, was den Rest der Welt bewegt.

Andererseits bin ich froh, dass es diesen Mechanismus in meinem System gibt. In Zeiten, in denen alles schwarz war, in denen nichts mich getröstet hat, habe ich trotzdem Fußball geschaut. Teilweise habe ich von Spieltag zu Spieltag gelebt. Ich weiß nicht, was ich in der restlichen Zeit gemacht habe, aber ich habe mich auf jedes Spiel gefreut. Fußball, Sport im Allgemeinen, Musik, alles, was Menschen bewegt, zum Diskutieren anregt, kann eine Flucht sein, vor Trauer, vor Depression, vor Lethargie. Fußball kann eine Strategie zur Bewältigung sein. Das ist meine Überzeugung. Allerdings muss dafür natürlich schon zuvor das Interesse groß gewesen sein. Bei weitem nicht jeder kann etwas mit dieser, zugegeben äußerst ideologischen Art der Selbsttherapie etwas anfangen. Für Fußballfans jedoch bietet sich ein Fußballspiel an, um wieder unter Leute zu kommen, sich mal wieder über den Schiedsrichter/Trainer/Spieler aufzuregen, anstatt über das eigene Leben.

Mir hat Fußball geholfen, wieder Spaß zu haben. Allerdings hatte ich das Glück, dass sich meine persönliche Tragödie in einem Zeitraum abgespielt hat, in dem der FC Bayern das Finale der Championsleague erreichte und die deutsche Nationalmannschaft bei der WM in Südafrika sowohl England, als auch Argentinien dermaßen abfertigte, dass es eine Sünde gewesen wäre, nicht über das ganze Gesicht zu grinsen. In einer bayerischen Klinsmann-Saison hätte das ganze wohl anders ausgesehen.

Problematisch wird es allerdings, wenn man tatsächlich nur noch für den Fußball lebt. Wenn man für immer von Spieltag zu Spieltag lebt. Wenn die einzigen Leute, die man noch trifft, die anderen Dauerkartenbesitzer in der Kurve sind. Wenn keine Meinung neben der des Vereins mehr gehört wird. Wenn man zu Uwe Ochsenknecht in dem ganz wundervollen Film "Fußball ist unser Leben" wird.  Aber dafür sind wohl vor allem Männer anfällig.

Ich wünsche den Überlebenden, den Familien und Freunden der Opfer des Massakers von Norwegen, dass sie miteinander die Kraft finden, diese Tragödie durchzustehen und sie irgendwann wieder etwas finden, das ihnen die Freude am Leben zurückgibt.


Montag, 11. Juli 2011

Tragisch...

...ist das frühe Ausscheiden der deutschen Frauen allemal, wird es, meiner Meinung nach, doch ziemlich viel kaputtmachen von dem was in den letzten Wochen und Monaten mühsam aufgebaut worden ist.
Trotzdem muss man sagen: Schlecht gespielt, zu Recht rausgeflogen. Man hätte sich einen Kampf gewünscht, wie den der Amerikanerinnen, die gegen Brasilien einen unglaublichen Siegeswillen bewiesen haben und nun zurecht im Halbfinale stehen. Call me oldfashioned, aber ich freu mich einfach immer, wenn Brasilien ausscheidet.

Ach ja, und wie lustig ist es eigentlich, dass das englische Elfmetertrauma nun auch den Frauen anhaftet. Das passiert eben, wenn man sich dem Männerfußball Schritt für Schritt annähern will.

Irgendwie ist diese Frauen-WM aber doch nur ein Lückenfüller für die Sommerpause. Schon werden die Top-Meldungen wieder aus den Trainingslagern der Bundesligisten geliefert. Anscheinend wird bei Bayern eine Jungspund, dessen Namen eine Mischung aus den Herren Schweinsteiger und Müller verspricht, von Trainer Heyneckes mit Extralob bedacht. Und das, so muss ich zugeben, finde ich immer noch bei weitem interessanter, als Siliva Neids Ausreden.

Mittwoch, 6. Juli 2011

Nach der Polemik der letzten Tage...



...wird es heute ein wenig filigraner. Gestern war nämlich ein großer Tag für mich (zumindest in der Theorie). Mein erstes WM-Spiel live. England gegen Japan. Endstand 2:0. Hier meine Impressionen:

Eine Mutter hält zwei Söhne an ihren Händen.
Einer trägt ein Japan T-Shirt.
Einer trägt ein England T-Shirt.
Harmonie.
Kindergeschrei an jeder Ecke.
Eine Frage:
Warum gehe ich ausgerechnet am Familientag ins Stadion?

Auf dem Damenklo kaum Betrieb,
trotz Frauen-WM.

Platzsuche,
Hymnen,
Spielbeginn.
Stille.

9, 8, 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1 
Laola.
Sie schafft es über drei Blocks.
Stille.
Klatschen.
Stille.
15. Minute: schöner Lupfer.
Tor für England.
Klatschen.
Stille.

9,8,7,6,5,4,3,2,1
Laola. 
Das einzige Mittel der Anfeuerung.
Miteinander anfeuern,
nicht gegeneinander.
Harmonie.
Klatschen.
Stille.

66. Minute: ein Lupfer.
Tor für England.
Klatschen.

9,8,7,6,5,4,3,2,1
Laola.
Schlußpfiff.
Viele sind schon weg.
England und Japan 
danken gemeinsam.

Harmonie.
Pfui bäh!
Harmonie hat doch im Fußball nichts verloren.

Noch vier Wochen bis zum Beginn der Bundesliga!

Sonntag, 3. Juli 2011

Schiedsrichter sind ja nie besonders gut...

...aber es scheint als würde die weibliche Bastion der Schwarz-(bzw. Gelb-)Hemden die Leistung ihrer männlichen Gegenstücke noch unterbieten wollen. Erst lässt Frau Sung-Mi Cha zu, dass sich im Spiel Deutschland gegen Nigeria die Damen mehr auf die Füße geben, als sie wirkungsvoll vor das Tor kommen und lächelt dabei, als würde sie an die hübschen Schuhe denken, die sie erst letzthin im Schaufenster gesehen hatte,  (Ich weiß, dass ich hier in die unterste Schublade der Frauenklischees greife, aber ich bin selber eine Frau, ich darf das.) und jetzt das: Im Spiel Australien gegen Äquatorialguinea wurde Handball gespielt. Und die Schiedsrichterin, deren Name an einen Mann erinnert, der vielen nur als das Feierbiest in Erinnerung bleiben wird, Gyoengy Gaal, hat es nicht gesehen. Halt, ich widerrufe meine vorherige Aussage. Es wurde nicht Handball gespielt. Nachdem ich mir die Situation noch einmal auf youtube (http://www.youtube.com/watch?v=cR2wAL8NaHo) angesehen habe, muss ich sagen: Solange darf man den Ball beim Handball gar nicht in der Hand halten. Also, es wurde irgendeine Sportart gespielt, in der man den Ball einfach wahnsinnig lang in der Hand halten darf und in dann einfach fallen lässt, als sei nichts geschehen.

Je öfter man sich das Ganze anschaut, desto slapstickartiger wirkt es. Der schön vorgetragene Angriff der Australierinnen. Der Pfostentreffer. Die Flugkurve des Balles. Das absolut unaufgeregte Fangen des Balles durch die Spielerin Bruna. Ihr unbewegter Gesichtsausdruck als sie den Ball in der Hand hält und ihn schließlich hinter sich fallen lässt. Die große Fassungslosigkeit der Australierinnen, als ihnen klar wird, dass es keinen Pfiff geben wird. Wie sie noch weiter mit ausgestreckten, wedelnden Armen über das Feld laufen, als das Spiel schon weiter läuft.

Natürlich schaut man sich unter anderem wegen Szenen wie dieser Fußball an. Szenen wie diese bieten Diskussionsstoff für mehrere Tage und man kann sie immer wieder einfließen lassen, wenn es um Schiedsrichterdiskussionen oder um die Einsetzung technischer Hilfsmittel im Fußball geht. Und dennoch zeigen sie uns auch, wie es um die Qualität, in diesem Fall, der Schiedsrichterinnen bestellt ist.  Es ist zu vermuten, dass dies mit einer fehlenden Professionalität mancher Länder im Frauenfußball zusammenhängt, die sich selbstverständlich auch durch die Schiedsrichterverbände ziehen dürfte. Dennoch finde ich es problematisch, ein Turnier wie diese Weltmeisterschaft aufzublasen, zu hypen und so hart dafür zu arbeiten, dass der Frauenfußball aus dem Schatten des Männerfußballs heraustritt und dann den Zuschauern von Seiten der Offiziellen eine derartige Leistung zu bieten.

Bibiana Steinhaus würde ich gerne aus dieser Kritik ausschließen, da ich ihre Leistung und ihre Präsenz auf dem Platz bisher sehr überzeugend fand und ich hoffe, dass das auch weiterhin so bleiben wird.

Es wäre an der Fifa, auch die Ausbildung der SchiedsrichterInnen und deren Leistungen besser zu überprüfen, um vor allem bei großen Turnieren halbwegs gewährleisten zu können, dass es nicht mehr zu solchen Szenen kommen möge.

Freitag, 1. Juli 2011

..so nicht meine Damen, so nicht!

Ich habe eine Nacht darüber geschlafen, denn in der Hitze des Gefechts schreibt man doch schnell etwas, dass man später möglicherweise selbst als übertriebene Härte bezeichnen würde. Leider hat es nichts gebracht. Die Enttäuschung hält an. Die Euphorie war groß und jetzt ist sie weg. Verpufft. Aus. Vorbei. Das Spiel gestern gegen Nigeria hat einiges kaputtgemacht, was in wochenlanger Kleinst- und Größtarbeit aufgebaut wurde. Den Chauvinisten, Sexisten und Besserwissern dieses Landes wird es einfach gemacht. Die Worte "Hab ich's nicht gleich gesagt? Frauenfußball ist und bleibt langweiliges, langsames Ballrumgeschiebe." werden ihnen praktischerweise gleich in den Mund gelegt. Dabei wird natürlich geflissentlich übersehen, dass sich die Männer in ihrem zweiten Gruppenspiel der letzten WM auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert haben, inkl. verschossenem Elfmeter und Ballrumgeschiebe. Aber bei den Männer kennt man zumindest die Namen. 

Es ist ja schön, dass das Viertelfinale bereits erreicht wurde. Aber bitte, Ladies, liefert ein Feuerwerk gegen Frankreich ab, damit euch niemand mehr langweiliges Ballgeschiebe nachsagen kann und euren Kritikern endlich andere Worte in den Mund gelegt werden als "Ja, schlecht schaut die Bajramaj wirklich nicht aus.".