Donnerstag, 23. Februar 2012

Eine Frage der Harmonie



Eine Krise haben sie beim FC Bayern ausgerufen. Mal wieder ein Krise, als hätte man in den letzten Jahren nicht genug Krisen gehabt. Erst dieses lästige Missverständnis mit Jürgen Klinsmann, dann das Kräftemessen mit Lois van Gaal und nun, wo gerade etwas Ruhe eingekehrt wäre, droht die große Krise der Heynckes-Ära. Was heißt da „droht“, sie ist natürlich schon längst da. Allerspätestens jedenfalls seit die Bayern gegen den FC Basel im Hinspiel des Champions League Achtelfinals eine 0:1-Niederlage hinnehmen mussten. Und da hatte man doch noch glatt das Hammer-Los FC Barcelona von Bayer Leverkusen belächelt und ein wenig gönnerhaft auf den eigenen Loszettel geblickt auf dem ein vermeintlich kleiner Schweizer Name stand. Nun hat man sich selbst „in die Scheiße gespielt“ (Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender). Wie man da wieder rauskommt, ist die eine Frage. Die andere lautet: Wer ist eigentlich Schuld an der Misere?

Es kann nur eine Antwort geben: Es ist der Sauhund namens Harmonie! Und das ist überraschend, war der FC Bayern doch stets bekannt für größere und kleinere Reibereinen oder Skandale innerhalb der Mannschaft oder zwischen Trainer und Spielern oder zwischen Trainer und Führungsetage oder zwischen Führungsetage und dem Rest der Welt. Nun verstehen sich alle super, liegen sich in den Armen und spielen abends gemeinsam Schafkopf. Das kann nicht funktionieren, denn Harmonie macht, zumindest beim FC Bayern, bequem und raubt die Kreativität. Wenn sich schon nicht einmal mehr ein Arjen Robben auch klitzekleines bisschen aufregt, dass er in der letzten Zeit häufiger den Bankdrücker mimen musste, dann läuft irgendetwas falsch.

Das hat wohl inzwischen auch die Führungsriege um Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge und Franz Beckenbauer erkannt, denn wie wäre es sonst zu erklären, weshalb die Herren verzweifelt versuchen, irgendeine Art von Konflikt aus dem Boden zu stampfen. Und doch, harmlos wirkt Hoeneß‘ Schiedsrichterattacke im Vergleich damals, als er den heutigen FC Brügge-Trainer Christoph Daum fast im Alleingang des Drogenkonsums überführte; lächerlich, der zahme Versuch von Franz Beckenbauer, Robben des Egoismus zu bezichtigen; nicht erwähnenswert, Rummenigges Sticheleien aufgrund des frühen Ausscheidens von Borussia Dortmund aus der Champions League. Da wünscht man sich doch die Zeit der zertretenen Werbetonnen, schlüpfriger Weihnachtsfeiern und überzeugend vorgetragener Wutreden zurück. Denn je mehr über Skandale außerhalb des Platzes diskutiert wird, desto weniger ausrechenbar wird der FC Bayern und vielleicht käme dann auch die Kreativität und damit das Gewinnen zurück.

Und wenn das alles nichts hilft, dann muss eben doch Otto Rehhagel von Hertha BSC weggekauft werden.

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