Donnerstag, 7. Juni 2012

EM-Tagebuch: Noch zwei Tage

Jerome Boateng, der Mann, der in nur drei Tagen dem Mann mit "dem Potential zum Weltfußballer" (eine Selbsteinschätzung von Christiano Ronaldo, welche die Bild-Zeitung ausnahmsweise passend mit "Großkotzanfall" übertitelte) gegenüber treten soll, dieser Boateng wird mit einem blonden Nacktmodel um 2 Uhr nachts in einem Hotel  gesehen. Was macht er da? Nur reden, sagt er. Ein kollektiver Aufschrei geht durch die Bundesrepublik: So ein Hallodri! Der traut sich was! Will wohl wieder nur Vize werden. Der Vize-Boateng! Das ist doch keine ordentliche Vorbereitung, Junge! Wie willst du denn da dem Ronaldo ordentlich Paroli bieten, wenn du nur das blonde Ding im Kopf hast? Was du in deiner Freizeit machst, kann mir ja eigentlich egal sein, ist es aber nicht. Also reiß dich zusammen.

Ich finde es äußerst interessant, wie sich in manchen Dingen der Fokus verschiebt. Wäre diese Geschichte zu einem anderen Zeitpunkt ans Licht gekommen, der geneigte Boulevardzeitungs-Leser hätte  sich sofort auf sein moralisches Ross begeben und mit drohend erhobenem Zeigefinger vom Verfall der Jugend gepredigt. Denn besteht nicht die eigentliche Frivolität darin, dass  ein Familienvater So ganz ungeniert mit einem Nacktmodel trifft?

Nur um klarzustellen, es könnte mir nichts egal sein, als die Freizeitgestaltung von Herrn Boateng, ich finde es nur bemerkenswert, dass das niemandem aufzufallen scheint. Stattdessen wird diskutiert, wieviel Schlaf ein Fußballer braucht um eine Top-Leistung auf dem Platz abzuliefern, bei einem Spiel, das zum Zeitpunkt der Bilder noch 6 Tage in der Zukunft liegt.

Vor meinem geistigen Auge sehe ich Mario Basler leise lächeln. Die Jungen heutzutage haben es nicht leicht, denkt er. Denen wird ganz schön auf die Finger geschaut. Das war bei mir noch anders. Der Berti Vogts weiß ja bis heute nicht, dass ich damals wie ein Schott geraucht habe.

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